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Sternengeschichten Folge 683: Mondbeben

Shownotes

Sternengeschichten Folge 683: Mondbeben

Der Mond ist im Inneren in Wahrheit hohl! Und dort leben komische, gefährliche Mondwesen! Der Mond ist hohl und eine Maschine, die von Aliens gebaut worden ist! Und bevor jetzt jemand verwirrt ist: Natürlich stimmt weder das eine noch das andere. Die erste Aussage stammt aus dem Buch "Die ersten Menschen auf dem Mond" des Science Fiction Autors H.G. Wells. Und die zweite Aussagen kommt von ein paar sowjetischen Wissenschaftlern aus den 1970er Jahren. Aber es gibt auch heute noch Menschen, die daran glauben, dass der Mond hohl ist und egal was sie sich dabei vorstellen, begründen sie ihre Behauptungen oft mit dem, was im Rahmen der Apollo-Missionen über das Innere des Mondes gesagt worden ist. Da hat man nämlich nicht nur einfach versucht, den Mond zu erreichen und auf seiner Oberfläche herum zu laufen. Man hat auch wissenschaftliche Forschung betrieben und die hat auch mit dem zu tun, was unter der Oberfläche passiert. Dass der Mond nicht hohl ist, hat man da natürlich auch schon gewusst. Aber man wollte wissen, wie das Innere der Mondes aufgebaut ist und man hat dafür die selben Instrumente eingesetzt wie auf der Erde. Nämlich Seismometer, die Erdbebenwellen messen können. Nur dass es in diesem Fall eben keine Erdbeben sind, sondern natürlich Mondbeben.

Ich komme später nochmal kurz auf die Verschwörungstheorien zum hohlen Mond zurück. Zuerst schauen wir uns aber an, was die sehr viel spannendere Wissenschaft zu sagen hat. Ich habe in Folge 143 schon einmal davon erzählt, wie man Erdbeben nutzen kann, um mehr über das ansonsten unzugängliche Erdinnere erfahren kann. Es gibt unterschiedliche Arten von Wellen, die sich im Gestein auf unterschiedliche Weise ausbreiten können. Man kann messen, wie lange sie dafür brauchen und man kann messen, wo Erdbebenwellen überall registriert werden können. Wenn sie auf dem Weg durch die Erde verschiedene Gesteinsschichten durchqueren, werden sie abgelenkt oder reflektiert. Manchmal kommen sie auch gar nicht durch, zum Beispiel wenn sie auf Flüssigkeiten treffen. So hat man zum Beispiel entdeckt, dass der Erdkern tatsächlich aus flüssigem Metall besteht; man weiß, wie tief die Erdkruste reicht und wie dick der Erdmantel ist. Und so weiter. Aber auch wenn es nicht so tief hinab geht, kann man aus der Ausbreitung von Wellen im Gestein viel über seine Zusammensetzung erfahren. Deswegen produziert man in der Geologie auch oft künstliche, lokale Mini-Erdbeben, um gezielt bestimmte Regionen von Gestein der Erdkruste zu untersuchen. Und genau so etwas hat man im Rahmen der Apollo-Missionen auch auf dem Mond geplant.

Als Neil Armstrong und Buzz Aldrin im Juli 1969 als erste Menschen einen Fuß auf den Mond gesetzt haben, war ihr Job damit noch lange nicht erledigt. Sie hatten auch einen ganzen Schwung wissenschaftlicher Instrumente mit dabei, unter anderem das Passive Seismic Experiment Package (PSEP), ein Set aus simplen Messinstrumenten für seismische Wellen. Man hat sie knapp 17 Meter von der Mondlandefähre aufgestellt und man hat damit keine dramatischen Ereignisse gemessen. Vor allem hat man das gemessen, was Neil und Buzz gemacht haben. Ihre Schritte am Mond wurden von den Instrumenten registriert, ebenso die diversen Aktivitäten der Mondlandefährn. Es gab allerdings auch ein paar kleinere Ereignisse, die nichts mit der Anwesenheit der Menschen zu tun gehabt haben. Das waren zum Beispiel die Einschläge von Meteoriten auf dem Mond - aber recht viele Daten konnte man nicht sammeln, denn die Instrumente konnten nur mit einem Solarpanel betrieben werden und nach einem Mondtag war Schluss; nach 20 Erdtagen brach der Kontakt mit den Instrumenten ab. Aber schon mit Apollo 12 ist das nächste entsprechende Messinstrument auf den Mond geflogen und bei Apollo 14 und 16 gab es ein Update. Jetzt war es ein ASE, also ein Active Seismic Experiment. Hier hat man mehr oder weniger das gemacht, was die Geologie auch auf der Erde macht und von dem ich vorhin gesprochen habe. Man hat Geophone auf der Mondoberfläche ausgelegt. So nennt man - egal ob auf der Erde oder dem Mond - Geräte, die Schwingungen des Bodens in elektrische Spannungen umwandeln und somit aufzeichnen können. Dann hat man mit speziellen Geräten kleine Explosionen ausgelöst, um den Boden zum Schwingen zu bringen. Solche Mini-Beben breiten sich natürlich nicht durch den gesamten Mond aus. Aber es reicht, um das Gestein in der Nähe zu untersuchen und herauszufinden, wie der Untergrund beschaffen ist. Apollo 17, die letzte der Missionen des Programms, hat das dann noch einmal getoppt. Die Explosionen des Lunar Seismic Profiling Experiment waren größer.

Es waren aber nicht nur künstliche Explosionen die man genutzt hat, um Wellen im Gestein zu erzeugen. Man hat sogar das Aufstiegsantriebssystem der Mondlandefähre für die seismische Forschung genutzt. Dabei handelt es sich um den Raketenantrieb der oberen Stufe der Apollo-Mondlandefähre. Oder anders gesagt: Das ist das Antriebssystem, mit dem die Astronauten nach ihrem Besuch von der Mondoberfläche wieder zurück ins Weltall fliegen . Es trägt die Mondlandefähre hinauf ins All und wenn alle wieder ins Kommandomodul umgestiegen sind, braucht man es nicht mehr. Deswegen hat man es wieder auf den Mond stürzen lassen, wo es natürlich einen ordentlichen Rumms gibt, den man dann mit den Seismometern messen kann. Die Wellen können dabei ein paar Kilometer tief ins Gestein eindringen und als Messungen dieser Art von den Forscherinnen und Forschern diskutiert worden sind, wurde in Berichten darüber der Satz verwendet, dass der "Mond wie eine Glocke schwingt". Und - das haben sich zumindest die zu Beginn der Folge erwähnten Verschwörungsfans gedacht, wenn der Mond wie eine Glocke schwingt und eine Glocke innen hohl ist, dann muss auch der Mond hohl sein! Ob diese Leute dann auch geglaubt haben, dass die Mondlandung nur ein Fake war, ist allerdings überliefert…

Die Messinstrumente der Apollo-Missionen haben bis zum Jahr 1977 jedenfalls jede Menge Mondbeben aufgezeichnet; mehr als 10.000. Aber selbst die stärksten davon waren schwächer als die stärksten Beben auf der Erde. Die meisten waren so schwach, dass man ohne Messinstrumente kaum etwas davon mitbekommen würde und selbst die starken Beben würden hier auf der Erde vielleicht nur ein wenig die Wände wackeln lassen und keine gröberen Schäden anrichten.

Ein Grund für die Mondbeben ist seine Bewegung um die Erde. Wenn er sich dabei am erdnächsten oder erdfernsten Punkt seiner Bahn befindet, gibt es besondes viele Beben, was darauf hindeutet, dass es etwas mit der Gezeitenkraft zu tun haben muss, die die Erde auf ihn ausübt. Diese Beben entstehen circa 700 Kilometer tief unter der Oberfläche. Daneben gibt es aber auch noch Beben, die durch den Einschlag von Meteoriten ausgelöst werden und Beben die entstehen, wenn sich das Gestein durch den Wechsel von Tag und Nacht abkühlt oder aufheizt. Ein Tag auf dem Mond dauert ja 14 Tage, eine Nacht ebenso lange und während es am Tag bis zu 120 Grad heiß sein kann, kann die Temperatur in der Mondnacht auf bis zu -130 Grad absinken. Durch diese Schwankungen entstehen Spannungen im Gestein, die sich dann irgendwann abbauen und der Boden wackelt. Alle diese drei Arten von Mondbeben sind eher schwach; die starken kommen aus der vierten Gruppe, die Beben umfasst, die nur 50 bis 200 Kilometer tief unter der Oberfläche entstehen. Diese "seichten" Mondbeben sind nicht nur stark, sie dauern auch lange - bis zu 10 Minuten. Die Schwingungen werden also im Gestein des Mondes nur schwach gedämpft; auf jeden Fall aber schwächer als auf der Erde. Denn bei uns sorgt die Verwitterung dafür, dass das Gestein ein bisschen geschwächt wird. Es wird, vereinfacht gesagt, ein bisschen bröselig und lässt sich leichter deformieren; das dämpft die Erdbebenwellen. Auf dem Mond gibt es keine Verwitterung die durch Wind, Regen, Wasser und Eis ensteht. Bis auf die unmittelbare Oberfläche, die durch das Bombardement der Mikrometeoriten zerbröselt wird, ist das Gestein fest, trocken und kalt. Wenn es einmal zu schwingen beginnt, dann schwingt es!

Was wir noch nicht kennen, ist die Ursache dieser seichten Mondbeben. Dafür haben wir zuwenig Daten. Aus finanziellen Gründen wurden die Seismometer auf dem Mond im Jahr 1977 abgeschaltet. Und sie wären auch nicht weit genug über den Mond verteilt gewesen - die Instrumente standen ja nur auf den Stellen, wo die Apollo-Missionen gelandet sind. An den Polen zum Beispiel hat man noch gar nichts gemessen. Wenn wir mehr wissen wollen, müssen wir wieder zurück und es wäre gut, wenn wir mehr wissen, wenn wir wieder zurück zum Mond fliegen - ganz besonders dann, wenn wir auch länger bleiben wollen. Wie gesagt: Die schwersten Mondbeben sind, verglichen mit der Erde, nicht extrem stark. Aber doch stark genug, damit man sich beim Bau von Mondhabitaten Gedanken darüber machen muss.

Worüber man sich übrigens keine Gedanken muss, ist die Sache mit dem Mondraumschiff, das von Aliens gebaut worden ist. Diese Hypothese haben die sowjetischen Wissenschaftler Michael Vasin and Alexander Shcherbakov im Jahr 1970 veröffentlicht. Belege haben sie dafür keine gebracht, auch ansonsten nicht viel erklärt, nur dass der Mond eben in ferner Vergangenheit von irgendeiner Alienzivilisation gebaut worden sein soll. Das ganze war auch keine wissenschaftliche Arbeit, sondern ist in einer populärwissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht worden und war am Ende vermutlich sowieso nur Propaganda. Denn ab den 1960er Jahren hat die Sowjetunion immer wieder mal Ideen aus der sogenannten "Ancient Astronaut"-Szene verbreitet. Das ist das, was hierzulande unter anderem Erich von Däniken verbreitet hat, also die Idee, dass Außerirdische in der Vergangenheit auf der Erde waren, dort die Pyramiden und jede Menge andere eindrucksvolle Bauwerke errichtet haben und gleichzeitig für die Mythen und Gründung aller möglichen Religionen verantwortlich sein sollen. So etwas hat der offiziell atheistisch-kommunistischen Sowjetunion natürlich gut in den Kram gepasst und man auf diesem Weg probiert, dem gläubigen Westen eins Auszuwischen.

So oder so: Der Mond ist nicht hohl und kein Raumschiff. Er ist ein Himmelskörper, über dessen Inneres wir noch viel zu wenig wissen. Aber immerhin wüssten wir, wie wir mehr herausfinden können. Mit Erdbeben und ihrer Erforschung kennen wir uns aus und wir würden auch mit den Mondbeben jede Menge Wissenschaft anstellen können. Wir müssten halt nur wieder zurück zum Mond, um sie auch ordentlich messen zu können.

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