Mastodon

Sternengeschichten Folge 652: Planetenparade - Alle in einer Reihe

Shownotes

Sternengeschichten Folge 652: Planetenparade - Alle in einer Reihe

"Seltene Planetenkonstellation". "Himmelsspektakel". "Kosmisches Schauspiel". "Ein Fest für Sterngucker". Aber auch "Weltuntergang" oder "Untergangsomen". Mit all diesen Begriffen ist in der Vergangenheit etwas beschrieben worden, was eigentlich nichts oder nur sehr wenig von dem ist, was man sich darunter vorstellt. Es geht um eine sogenannte "Planetenreihe", "Planetenparade" oder auch "Planetenprozession". Und man meint damit, dass alle oder zumindest viele der Planeten unseres Sonnensystems in einer Reihe stehen.

Aber da fängt die Sache ja schon an. Was soll es bedeuten, wenn die Planeten in einer Reihe stehen? Oder anders gesagt: Meinen wir damit, dass die Planeten alle nebeneinander stehen oder hintereinander? Denn es kommt natürlich auf den Blickwinkel an. Fangen wir mal mit dem "nebeneinander" an. Wenn wir hier von der Erde aus zum Himmel blicken, dann würde das bedeuten, dass wir die Planeten gleichzeitig und nebeneinander aufgereiht am Himmel sehen können.

Und wenn das so ist: Ist das ein besonderes Ereignis? Das kommt drauf an. Es ist definitiv nicht besonders, dass die Planeten alle entlang einer Linie am Himmel aufgereiht sind. Das muss so sein, sie können nicht anders. Die Planeten bewegen sich ja nicht völlig willkürlich um die Sonne. Sie laufen entlang von elliptischen Umlaufbahnen und diese Bahnen liegen alle mehr oder weniger in der selben Ebene; und das gilt auch für die Erde. Gut, es gibt ein paar kleine Abweichung, aber die sind wirklich nur klein und wir ignorieren sie vorerst.

Wenn wir also mehrere Planeten auf einmal beobachten können, dann können die nicht beliebig über den Himmel verteilt sein. Zumindest nicht beliebig in alle Richtungen. Alle Planeten müssen sich zwingend in der Nähe der Ekliptik befinden. Und das ist, wie ich ja schon in einigen Folgen erklärt habe, die an den Himmel projizierte scheinbare Bahn der Sonne. Oder anders herum gesagt: Die an den Himmel projizierte Ebene, in der sich die Erde um die Sonne bewegt. Je nach Jahreszeit und je nachdem, von welcher geografischen Position aus wir beobachten, kann die Ekliptik hoch über den Himmel verlaufen oder nahe am Horizont stehen. Aber weil das die Ebene ist, in der sich die Erde und alle anderen Planeten bewegen, müssen die Planeten eben auch immer irgendwo auf oder in unmittelbarer Nähe dieser Linie sein. Sie können dabei natürlich immer noch weit voneinander entfernt sein, je nachdem wie die relative Stellung von Erde, Sonne und Planet gerade ist. Aber man muss sich nicht wundern, wenn zum Beispiel gerade Mars, Jupiter und Saturn gleichzeitig zu sehen sind und man eine Linie durch alle drei Positionen am Himmel ziehen kann. Es muss so sein und diese Linie zeigt uns dann gleichzeitig auch, wie die Ekliptikebene gerade aus unserer Sicht am Himmel orientiert ist.

Dass die Planeten in einer Reihe stehen ist also ganz normal. Aber meistens sind immer nur ein, zwei oder drei Planeten auf einmal zu sehen. Dass man vier Planeten zur selben Zeit am Nachthimmel beobachten kann, kommt schon etwas seltener vor, nur alle paar Jahre. Auf fünf Planeten zur selben Zeit muss man schon ein paar Jahrzehnte warten und noch mehr sieht man dann noch seltener.

Wobei auch das mit dem "sehen" nicht so eindeutig ist. Ohne Teleskop können wir ja nur Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn sehen. Für Uranus und Neptun brauchen wir optische Hilfsmittel. Und ob wir dann zum Beispiel auch den kleinen und schwach leuchtenden Merkur erkennen können, ist auch nicht immer sicher. Der sonnennächste Planet muss sich am Himmel ja auch zwangsläufig immer irgendwo in der Nähe der Sonne befinden. Wenn man ihn beobachten kann, dann also nur kurz nach Sonnenuntergang oder kurz vor Sonnenaufgang und immer nur in der Nähe des Horizonts. Wenn da gerade Berge im Weg stehen oder man sich mitten in der Stadt befindet, wo statt Berge Häuser den Weg verstellen und noch dazu die künstlichen Lichter alles überstrahlen: Dann wird es schwer, den Merkur zu sehen, selbst wenn er gerade Teil der Parade ist.

Anfang 2025 gab es zum Beispiel eine der seltenen Planetenparaden mit sieben Planeten. Mit dabei waren aber Uranus und Neptun, das heißt ohne Hilfsmittel konnte man nur Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn sehen. Oder, je nach Beobachtungsbedingungen auch nur die letzten vier.

So eine Planetenreihe ist auch kein singuläres Ereignis. Das heißt, es ist nicht so, dass es genau einen Moment gibt, in dem die Planeten alle gleichzeitig am Himmel stehen und wenn der vorbei ist, ist es aus. Die Planeten springen ja nicht wild durchs Sonnensystem, sie laufen entlang ihrer Bahnen. Zuerst sind ein paar von ihnen gleichzeitig am Himmel, dann kommen ein paar andere dazu, die sich in der Zwischenzeit weit genug bewegt haben, und wenn sie sichtbar sind, dann dauert es typischerweise ein paar Wochen, bis sich alle wieder so weit auseinander bewegt haben, um nicht mehr zur selben Zeit sichtbar zu sein.

Jetzt schauen wir aber mal, was passiert, wenn wir den Blickwinkel verändern. Wir schauen jetzt nicht mehr von der Erde zum Himmel, sondern quasi von "oben" auf das Sonnensystem. Und wir stellen uns vor, dass wir jetzt alle Planeten in einer Reihe sehen. Also so, wie man sie auf den üblichen Diagrammen in den Lehrbüchern sieht, wenn das Sonnensystem vorgestellt werden soll. Ganz auf der einen Seite ist die Sonne, daneben steht Merkur, dann Venus, dann die Erde, dann Mars, und so weiter. Wie würde so eine Planetenreihe von der Erde aussehen? Deutlich weniger spektakulär. Stellen wir uns vor, die Planeten wären wirklich alle exakt in einer Linie. Dann wären zuerst einmal Merkur und Venus auf der einen Seite der Erde und die restlichen fünf auf der anderen. Oder anders gesagt: Wir können gar nicht alle auf einmal zur selben Zeit vom selben Ort aus sehen. Und wir würden auch nicht zwei beziehungsweise fünf Planeten am Himmel sehen. Sondern nur die Venus oder den Mars. Wenn der Jupiter exakt hinter dem Mars steht und der Saturn exakt hinter dem Jupiter, und so weiter, dann verdecken sich alle gegenseitig und wir sehen nur einen hellen Punkt. Was natürlich vermutlich auch ein interessanter Anblick wäre - aber deutlich weniger spektakulär als es klingt.

Zum Glück passiert das nicht so oft, aber dazu kommen wir später noch. Was stattdessen immer wieder mal passiert, sind Planeten, die fast hintereinander stehen. Oder, aus unserer Sicht von der Erde aus, Planeten, die am Himmel sehr nahe beieinander zu sehen sind. Und das ist dann ein durchaus beeindrucker Anblick, wenn man zum Beispiel den hell rot leuchtenden Mars direkt neben dem noch heller leuchtenden Jupiter beobachten kann. Solche sogenannten "Konjunktionen" zwischen zwei oder manchmal auch drei Himmelskörpern gibt es zum Glück immer wieder mal zu sehen. Aber auf eine echte Planetenreihe müssen wir lange warten. Rein statistisch passiert es nur alle 340 Millionen Jahre, dass alle acht Planeten eine Reihe mit der Sonne bilden. Und wenn sich dabei alle Planeten auf der selben Seite der Sonne befinden sollen, muss man sogar 180 Billionen Jahre warten - was ungefähr 10.000 mal länger ist als das aktuelle Alter des Universums. Und wenn man dann so lange gewartet hat, wird es trotzdem noch eine unordentliche Reihe sein. Denn, wie ich anfangs gesagt habe, die Planeten bewegen sich zwar fast genau in der selben Ebene um die Sonne, aber eben nicht exakt. Der eine Planet wird dann also ein bisschen über der Ebene der Erdbahn stehen, der andere ein bisschen drunter, und so weiter. Die Reihe wird also eher eine Wellenlinie sein. Will man wirklich eine exakt gerade Linie die man durch die Position der Planeten im Sonnensystem ziehen kann, dann passiert so etwas im Durchschnitt alle 86 Septillionen Jahre. Das ist eine 86 mit 45 Nullen hintendran und eine so große Zahl, dass sich niemand etwas darunter vorstellen kann. Die Erde und die restlichen Planeten, die Sonne, die Milchstraße, die restlichen Sterne: All das wird in 86 Septilliarden Jahren schon längst nicht mehr existieren…

Die Planeten des Sonnensystems werden also niemals eine exakt gerade Linie bilden. Und selbst wenn sie es tun würden, müsste man sich übrigens keine Sorgen machen. Es ist ja immer wieder mal behauptet worden, dass so eine Konstellation beziehungsweise auch die häufiger auftretenden Planetenreihen von denen ich vorher gesprochen habe, irgendeine katastrophale Wirkung auf die Erde haben. Dass dann zum Beispiel durch diese Aufreihung der Planeten eine so starke Gravitationskraft auf die Erde wirken würde, so dass sie auseinander gerissen wird. Dass das Unsinn ist, kann man sich aber leicht klar machen. Wir können ja ausrechnen, wie stark die Gravitationskräfte der anderen Planeten sind und das, was wir hier auf der Erde spüren, ist vernachlässigbar. Die Planeten sind einfach zu weit weg. Abgesehen von der Sonne ist hier auf der Erde nur der Mond von Bedeutung, dessen Anziehungskraft wir ja vor allem über die Gezeiten spüren. Die Gezeitenkräfte aller anderen Himmelskörper zusammen kann aber maximal 2 Prozent der Kraft ausmachen, die wir vom Mond spüren. Und auch diese 2 Prozent können wir ignorieren. Denn der Mond ist ja mal ein wenig näher und mal ein bisschen weiter weg von der Erde. Allein dadurch ändert sich die Kraft die wir spüren um 25 Prozent. Das, was die anderen Planeten tun, fällt also nicht ins Gewicht.

Was nicht bedeutet, dass es gar keinen Einfluss gibt. Wir wissen, dass die Anziehungskraft der anderen Planeten, vor allem die von Jupiter und Venus, kleinste Störungen in der Bewegung der Erde verursacht. Das spielt sich aber über Zeiträume von vielen zehn- bis hunderttausend Jahren ab. Über diese Zeiträumen kann die Erdbahn sich so verändern, dass wir dann Eis- oder Warmzeiten haben. Dieses Phänomen nennt man die "Milankovic-Zyklen" und ich habe in Folge 55 ausführlich davon gesprochen. Es hat aber auch nichts damit zu tun, ob die Planeten jetzt in einer Reihe stehen oder nicht.

Es ist immer toll, wenn man einen Planeten des Sonnensystems am Nachthimmel beobachten kann. Und noch toller ist es, wenn man gleich mehrere unserer Nachbarn beobachten kann. So einen Anblick sollte man genießen und nicht mit reißerischen Schlagzeilen entwerten.

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.