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Sternengeschichten Folge 611: Die Schuhmann-Resonanz - Esoterik trifft Planetologie

Shownotes

Sternengeschichten Folge 611: Die Schuhmann-Resonanz - Esoterik trifft Planetologie

„Sättigen Sie Ihre Zellen mit der heilenden Schumann Resonanz Frequenz" - dazu fordert uns die Werbung für ein Hörbuch auf, denn wenn wir das tun, dann sind "Körper, Geist und Seele im Gleichgewicht" und wir können unsere "Lebensenergie deutlich steigern, die physische Struktur des Körpers harmonisieren und verjüngen". Und das funktioniert deswegen, weil "die Synchronisierung mit der natürlichen Frequenz des Planeten (7,83 Hz) den Menschen Vorteile wie verbessertes Lernen/Gedächtnis, Zellerneuerung, energetisches Gleichgewicht, weniger Stress, Erdung und tiefe Entspannung bringen kann". Die Schumann-Resonanz ist, wie uns eine andere Seite informiert, der "Herzschlag der Erde", die "genau mit der Eigenfrequenz des menschlichen Gehirns übereinstimmt. Damit beeinflusst sie unser Leben und unser Bewusstsein. Diese Frequenz wird von der Zirbeldrüse empfangen, die alle unsere Körperabläufe steuert." Und wenn wir ein paar Geräte kaufen, die uns mit diesem Herzschlag synchronisieren, dann wird alles wieder gut!

Keine Sorge, trotz all dieser unwissenschaftlichen Esoterik - und es IST unwissenschaftliche Esoterik, dazu kommen wir später noch - wird es hier heute natürlich trotzdem um Wissenschaft gehen. Ich erzähle etwas über die Erde, ihre Atmosphäre und über Möglichkeiten, wie wir andere Himmelskörper besser verstehen können. Dazu muss ich aber auch von der "Schuhmann-Resonanz" erzählen und die taucht leider im Internet sehr viel öfter in einem unwissenschaftlichen Esoterik-Zusammenhang auf als in einem wissenschaftlichen.

Aber wir bleiben bei der Wissenschaft. Und es ist eigentlich nicht schwer zu verstehen, was die Schuhmann-Resonanz ist. Es geht um elektromagnetische Wellen. Die sind nicht mysteriös, die kennen wir aus dem Alltag. Das Licht, das wir mit unserem Augen wahrnehmen können ist eine elektromagnetische Welle. Die Radiosignale, die wir mit unseren Radiogeräten (sofern wir so etwas noch haben) empfangen, sind elektromagnetische Wellen. Das WLAN-Signal mit dem wir online gehen, ist eine elektromagnetische Welle. Genau so wie Röntgenstrahlen, Mikrowellen, und so weiter. Elektromagnetische Wellen sind periodische Veränderungen in einem elektromagnetischen Feld und wie wir sie wahrnehmen hängt von der Wellenlänge ab. Elektromagnetische Wellen können künstlich erzeugt werden, aber selbstverständlich auch natürlich auftreten. Das beste Beispiel ist unsere Sonne, die uns mit elektromagnetischen Wellen in Form von Licht und Infrarotstrahlung, also Wärme, versorgt.

So weit, so klar. Elektromagnetische Wellen können außerdem abgelenkt werden. Der Weg von Licht kann durch optische Linsen verändert werden, was man zum Bau von Brillen oder Teleskopen nutzt. Elektromagnetischen Wellen können aber auch an elektromagnetisch leitfähigen Oberflächen reflektiert werden. Das nutzt man zur Konstruktion diverser technischer Bauteile, wie etwa Hohlraumresonatoren, aber wir reden jetzt nicht über Elektrotechnik. Wir reden über das, was sich der deutsche Physiker Winfried Otto Schuhmann in den 1950er Jahren überlegt hat. 1952 veröffentlichte er einen Aufsatz mit dem Titel "Über die strahlungslosen Eigenschwingungen einer leitenden Kugel, die von einer Luftschicht und einer Ionosphärenhülle umgeben ist".

Das klingt ein wenig technisch, aber man muss nur kurz überlegen, was mit einer "leitenden Kugel, die von einer Luftschicht und einer Ionosphärenhülle umgeben ist", gemeint ist. Unsere Erde ist, in erster Näherung, eine Kugel. Sie hat eine Luftschicht und sie hat eine Ionosphäre. So nennt man den äußeren Teil der Erdatmosphäre, der circa 100 Kilometer über dem Boden beginnt. Da ist nicht mehr viel Luft vorhanden aber immerhin noch ein paar Moleküle hier und dort und diese Moleküle werden durch die dort oben sehr starke und energiereiche Ultraviolettstrahlung der Sonne ionisiert. Das heißt, sie verlieren Elektronen aus den Hüllen ihrer Atome, wodurch sie nicht mehr elektrisch neutral, sondern geladen sind. Und die ganze Ionosphäre ist dadurch elektrisch leitfähig. Gleiches gilt für die Oberfläche der Erde, die ja weitestgehend von Salzwasser in den Ozeanen bedeckt ist. Aus dieser rein technischen Sicht ist die Erde also eine Kugel, die von zwei leitfähigen Schichten, dem Ozean und der Ionosphäre, eingehüllt wird und zwischen diesen beiden Schichten ist ein paar hundert Kilometer Platz.

Was auf der Erde auch noch passiert, sind Gewitter. Ich habe darüber ja schon in Folge 460 ausführlich gesprochen. Ständig kommt es in der Erdatmosphäre zu elektrischen Entladungen, es blitzt ein paar hundert Mal pro Sekunde. So ein Blitz ist jetzt aber auch nichts anderes als die Ursache für jede Menge elektromagnetische Wellen. Die können sich jetzt ausbreiten. Und sie tun das zwischen den beiden leitfähigen Schichten. Soweit ist das noch nichts besonderes. Winfried Schuhmann hat sich aber überlegt, dass es Wellen mit einer sehr großen Wellenlänge beziehungsweise einer sehr niedrigen Frequenz geben kann (das ist ja das gleiche). Wenn jetzt eine Welle entsteht deren Wellenlänge genau dem Erdumfang entspricht, dann geht die bei ihrem Auf- und Abschwingen exakt einmal um die Erde rum und trifft dann wieder auf sich selbst. So etwas nennt man eine "stehende Welle" und im Fall der Erde trifft das auf Wellen zu, die eine Frequenz von 7,83 Hertz haben. Das bedeutet: Die elektromagentische Welle schwingt 7,83 mal pro Sekunde. Zum Vergleich: Sichtbares Licht hat eine Frequenz von um die 500 Terahertz. Das sind 500 Billionen Schwingungen pro Sekunden!

Diese 7,83 Hertz sind die sogenannte Grundschwingung. Eine stehende Welle kriegt man aber auch anders. Die Welle kann ja zwischen Ionosphäre und Erdoberfläche reflektiert werden. Wenn sie jetzt, wieder vereinfacht gesagt, bei ihrer Runde um den Planeten genau auf die richtige Weise hin und her reflektiert wird, dann trifft sie am Ende wieder auf sich selbst. Wenn man das genau ausrechnet, sieht man, dass man auch bei Frequenzen von 14,3 Hertz, 20,8 Hertz, 27,3 Hertz und so weiter eine stehende Welle kriegt. Im Prinzip kann die Welle beliebig oft hin und her reflektiert werden und die Frequenz beliebig hoch werden. In der Praxis aber nicht, weil irgendwann verliert die Welle quasi an Schwung und verteilt sich irgendwo in der Atmosphäre. Unser Planet ist eben kein perfekter Wellenleiter, wie gut das funktioniert hängt vom Wetter ab, von der Jahreszeit, von der Temperatur, und so weiter.

Ok. Wir haben also einen Planeten mit einer Atmosphäre in der sich elektromagnetische Wellen ausbreiten können und wenn die eine passende Frequenz haben bzw. eine passende Wellenlänge, so dass der Umfang der Erde genau ein ganzzahliges Vielfaches dieser Wellenlänge ist, dann treffen diese Wellen bei ihre Ausbreitung nach einer Runde um den Planeten wieder auf sich selbst und erzeugen eine stehende Welle. Das interessant, aber was folgt jetzt daraus? Warum sollte uns das interessieren.

Es interessiert uns erst einmal deswegen, weil dieses Phänomen existiert! Die elektromagnetischen Wellen mit der Schuhmann-Frequenz sind zwar sehr schwach, aber wir sind durchaus in der Lage, sie zu messen. Und man kann aus diesen Messungen einiges lernen. Auslöser der Wellen sind ja Blitze. Und es gibt zwar immer irgendwo Blitze auf der Welt, aber Blitze entstehen nicht einfach so, sondern nur unter den passenden Bedingungen. Unter anderem muss die Temperatur passen, denn damit ein Gewitter entsteht, braucht es entsprechende Instabilitäten in der Atmosphäre, die durch warme und dadurch aufsteigende Luft ausgelöst werden. Oder anders gesagt: Die Zahl der Blitze hängt von der Temperatur ab und wenn ich die Schuhmann-Frequenzen überwache und messe kann ich daraus theoretisch auf die Anzahl der Blitze und damit auf die Temperatur schließen.

Noch interessanter wird es, wenn wir die Schuhmann-Frequenzen auf anderen Himmelskörpern erforschen. Ich habe in Folge 460 ja schon über die potenziellen Gewitter auf anderen Planeten gesprochen. Ein Himmelskörper den ich damals nicht erwähnt habe, ist der Titan. Der größte Mond des Saturn ist enorm interessant, wie ich in Folge 157 ausführlich erzählt habe. Er hat eine dichte Atmosphäre, er hat Flüsse und Seen aus flüssigem Methan und vielleicht einen Ozean aus flüssigem Wasser unter einer dicken Schicht aus Eis. Auch Titan hat, aus dem selben Grund wie die Erde, eine Ionosphäre aus geladenen Teilchen und wenn er auch einen salzigen, unterirdischen Ozean besitzt, dann könnte es auch dort Schuhmann Resonanzen geben. Blitze hat man bei Titan noch nicht nachgewiesen, aber der Mond befindet sich nahe am riesigen Saturn, der ein entsprechend starkes Magnetfeld hat und die Wechselwirkung mit diesem Magnetfeld wäre auch in der Lage, entsprechende Wellen anzuregen.

Im Jahr 2005 haben wir die Raumsonde Huygens auf dem Titan gelandet. Eines der Messinstrumente an Bord war in der Lage, entsprechende Messungen durchzuführen und HAT sogar eine elektromagnetische Welle mit einer passend niedrigen Frequenz nachgewiesen. Das bedeutet: Dort könnte tatsächlich ein unterirdischer Salzwasserozean sein. Und ich sage deswegen "könnte", weil leider nicht ganz klar ist, ob man wirklich eine elektromagnetische Welle gemessen hat, oder ob das Instrument vielleicht ein wenig fehlerhaft war. So oder so: Bei unserem nächsten Besuch auf dem Titan werden wir bessere Instrumente dabei haben um mithilfe der Schuhmann-Resonanzen herausfinden zu können, was sich tief unter der eisigen Oberfläche befindet.

Die Schuhmann-Resonanzen sind also erstens echte Wissenschaft und zweitens aus vielerlei Gründen interessant, nicht nur aus denen, die ich jetzt aufgezählt habe. Was sie aber drittens definitiv nicht tun, ist irgendeinen heilenden Einfluss auf unsere Zellen auszuüben oder sonst irgendwas von dem, was die diversen Esoterik-Firmen behaupten. Grundlage für diesen Unsinn ist ja die angebliche Übereinstimmung des "Herzschlags der Erde", also der Frequenz von 7,8 Hertz und den Frequenzen in unserem Gehirn. Ja, es stimmt: Misst man die elektrische Aktivität in unserem Gehirn, also die Arbeit unserer Nervenzellen, dann sieht man, dass dort diverse periodische Spannungsschwankungen auftreten. Es gibt Alphawellen, Deltawellen, und so weiter. Und es gibt sogar Wellen mit einer Frequenz von circa 7,8 Hertz. Aber: Das bedeutet überhaupt nichts. Die Frequenzen bei den Gehirnströmen reichen von 0,5 bis 70 Hertz, dass da auch was bei circa 8 Hertz dabei ist, ist nicht überraschend. Und überhaupt ist "Hertz" eine knifflige Einheit. "Hertz" bedeutet ja eigentlich nur "pro Sekunde". Eine Welle mit 8 Hertz schwingt acht mal pro Sekunde. Aber ich kann "Hertz" für alles verwenden, was irgendwie periodisch stattfindet. Wenn ich zum Beispiel 3 Mal in einer Minute aufs Klo gehen muss, dann sollte ich mich erstens vermutlich um medizinische Behandlung kümmern und kann zweitens feststellen, dass meine Frequenz beim Klogang 0,05 Hertz beträgt. Ich kann, wenn ich mich ein wenig anstrenge, durchaus 8 mal pro Sekunde mit der Hand hin und her winken. Aber nur weil diese 8 Winker pro Sekunde ebenso eine Frequenz von 8 Hertz haben wie die elektromagnetische Welle der Grundschwingung der Schuhmann-Resonanz, folgt daraus nicht, dass ich jetzt irgendwo besonders intensiv mit dem Planeten verbunden bin.

Man kann nur dann auf die Idee kommen, dass die Schuhmann-Resonanz irgendwas mit einer Heilwirkung zu tun hat, wenn man nicht verstanden hat, was die Schuhmann-Resonanz ist, wie sie verursacht wird und was das Konzept einer Frequenz bedeutet. Und damit beende ich jetzt diese Folge; die nächste erscheint, wie gewohnt in einer Woche und bis dahin ist genug Zeit um sich auszurechnen, welche Frequenz dieser Podcast bei einer Folge pro 7 Tage hat.

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